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  • carmenappenzeller

Hinamatsuri - Das japanische Mädchenfest

Was ist Hinamatsuri?

In Japan wird jedes Jahr am 3. März das Fest Hinamatsuri zu Ehren der Mädchen gefeiert.


Hinamatsuri traditionelles Essen Tokyu Foodshow
Traditionelles Hinamatsuri-Essen

Wie bei allen traditionellen Festen gibt es besondere Speisen zum Fest, die alle den nahenden Frühling widerspiegeln: Chirashi Sushi (eine Schale Reis mit Frühlingsgemüse und Meeresfrüchten als Topping), besonders kunstvoll und bunt gestaltetes Sushi, Sakura Mochi oder - Emmas Favorit - Hanami Dango.


Hina-Puppenstaat im Kaufhaus Takashimaya (2024)
Hina-Puppenstaat im Kaufhaus Takashimaya (2024)

Das Besondere an Hinamatsuri ist die Dekoration. Wie auf einer mehrstufigen Treppe werden Puppen aufgestellt - oben sitzt das Kaiserpaar, auf der nächsten Stufe die Hofdamen, dann die Musikanten, anschließend die Wächter und Berater. Traditionell hat jede Familie mit Töchtern ihren eigenen Miniatur-Hofstaat - je wohlhabender die Familie, desto mehr Etagen sind enthalten. Bei uns ist es nur eine, dafür aber handgemacht von Emmas Großmutter!


Die Deko muss unverzüglich abgebaut werden, sobald Hinamatsuri um ist - bleibt sie länger als einen Tag stehen, wird das Mädchen angeblich später nicht heiraten! 😱


Die Geschichte hinter den Puppen

Warum werden überhaupt Puppen aufgestellt? Diese Tradition geht auf das 17. Jahrhundert zurück, als erstmals Puppen am kaiserlichen Hof aufgebaut wurden. Damals waren sie zum Spielen da, heute dienen sie nur der Dekoration. Wir haben aber eine noch schönere Geschichte dazu:


Es war einmal, vor langer Zeit, da stand neben einem großen Fluss ein kleines Haus, in dem lebten die drei Brüder Ichiroji (1. Sohn), Jiroji (2. Sohn) und Saburoji (3. Sohn) gemeinsam mit ihrer Schwester Ohana, die noch ein Baby war. Die drei Brüder jagten im Wald, fischten im Fluss und bewirtschafteten das Feld neben dem Haus. Und weil ihr Vater bei der Jagd und ihre Mutter bei Ohanas Geburt gestorben waren, mussten sich die Brüder auch um ihre kleine Schwester kümmern.


Die beiden älteren Brüder taten dies nicht gern, denn die kleine Ohara weinte viel, und sie wussten nicht, wie sie ihr helfen sollten. Dem jüngsten Bruder tat die Kleine jedoch leid und er gab sein Bestes, um ihr Mutter und Vater zu ersetzen. Und so vergingen einige Jahre.


Eines Tages war Saburoji schon seit dem Morgen damit beschäftigt, das Feld umzugraben. Obwohl der Wind noch kalt wehte, brachte er schon den Duft der ersten Frühlingsblumen mit. Ichiroji und Jiroji waren vor neun Tagen zum Jagen in den Wald gegangen und noch nicht zurückgekommen.


Ohana saß neben dem Feld, auf dem Saburoji arbeitete, und spielte mit einer kleinen Puppe aus Holz. Eigentlich waren es nur ein paar Zweige eines Pfirsichbaums, die Saburoji in Form eines Männchens zusammengebunden hatte. Ein alter Stofffetzen diente als Puppenkleid. Trotzdem liebte Ohana sie sehr und trennte sich nie von ihrer Puppe. "Schlaf schön, auf deinem Löwenzahnbett, schlaf schön, mein liebes Kind, wenn du aufwachst, essen wir Adzukibohnen", sang das Mädchen seiner Holzpuppe vor und wiegte sie sanft im Takt.

Was sind Adzukibohnen?

Adzukibohnen sind kleine rote Bohnen, die in Japan gern gegessen und oft auch als Süßspeise zubereitet werden. Kein Wunder, dass Ohana sich darauf freut!

"Ohana, ist dir nicht kalt?", fragte Saburoji. "Willst du nicht lieber ins Hause gehen?" Ohana war ein schmächtiges, zartes Kind. Sie schüttelte den Kopf: "Nein, mir ist nicht kalt," erwiderte sie. "Ich will bei meinem lieben Bruder bleiben. Und diese Kleine hier auch," lachte Ohana und streichelte ihrer Puppe zärtlich über den Kopf. Saburoji lächelte: "Na gut, dann sag deinem lieben Bruder Bescheid, wenn dir kalt wird, ja?" "Mache ich," nickte Ohana und sang leise weiter: "Schlaf schön, auf deinem Löwenzahnbett, schlaf schön, mein liebes Kind, wenn du aufwachst, essen wir Adzukibohnen."


Saburoji bearbeitete eine ganze Weile die Erde weiter mit seiner Hacke. Da plötzlich hörte er ein lautes Geräusch. "PLATSCH!" Er sah sich suchend um und entdeckte Ohana, die im kalten, reißenden Wasser des Flusses wild um sich schlug, um nicht unterzugehen. "Ohana, Ohaaanaaaa!", schrie Saburoji, rannte zum Fluss und stürzte sich ohne Zögern in die kalten Fluten.


Er war ein kräftiger und geübter Schwimmer, sodass er es schaffte, Ohana ans Ufer zu ziehen. Schlaff lag sie in seinen Armen. Die Lebensgeister hatten sie noch nicht ganz verlassen, aber am Abend hatte Ohana hohes Fieber. Ihr Körper glühte heiß wie Feuer. Nach drei Tagen hatten das Fieber immer noch nicht nachgelassen, und auch nach fünf Tagen nicht.


Als Ichiroji und Jiroji aus dem Wald zurückkehrten und sahen, wie schlecht es Ohana ging, machten sie grimmige Gesichter. "Du bist schuld, dass Ohana krank geworden ist. Also musst du dich auch allein um sie kümmern!", schimpfte Ichiroji. "Stimmt," pflichtete ihm Jiroji bei, "wir haben jetzt viel zu tun. Fell und Fleisch unserer Beute können wir teuer verkaufen, das gute Geschäft können wir uns nicht entgehen lassen!"


Die beiden brieten die Fasane, die sie im Wald erlegt hatten, aßen sie, tranken Sake und schliefen dann ein.


Saburoji bekam nichts vom Fasanenfleisch zu essen. Er lief immer wieder hinab zum Fluss, um kaltes Wasser heranzuschleppen. Damit benetzte er Ohanas Augenlider und ihre Stirn. Sie glühte jedoch so heiß, dass der nasse Lappen darauf sogleich trocknete. Saburojis Hände waren vom eiskalten Wasser ganz rot und die Fingerspitzen taub geworden. Trotzdem kühlte Saburoji unablässig weiter Ohanas Stirn. Am Abend des zehnten Tages, wie konnte es anders sein, war Saburoji so erschöpft, dass er vor sich hin döste und schließlich neben Ohanas Bett einnickte.

Japanische Betten

Dass Saburoji direkt neben Ohanas Bett einschläft, klingt unbequem, ist aber für Japaner keine Überraschung. Denn traditionell schläft man hier auf dem Boden. Ohanas Bett ist eine dünne Matratze, die direkt auf dem Boden ausgebreitet ist. Wenn sie hoffentlich gesund wird, faltet man die Matratze und räumt sie bis zum nächsten Abend im Schrank weg. So kann man den Schlafraum tagsüber für etwas anderes nutzen. Damit das nicht allzu unbequem ist, ist der Boden mit Tatami-Matten bedeckt. Tatami-Matten werden aus Reisstroh geflochten. Noch heute sind Tempel in Japan mit Tatami ausgelegt. Auch wenn Häuser mittlerweile eher wie in Deutschland aussehen, haben manche noch immer ein "Washitsu" (japanisches Zimmer), das mit Tatami-Matten ausgelegt ist. Und wenn jemand von euch japanischen Kampfsport, zum Beispiel Judo oder Karate macht, dann kennt ihr die Matten aus dem Training. So weich wie ein normales Bett sind sie nicht, aber besser als Holz oder Stein!


Krtsch, krtsch, klock. Als diese Geräusche an sein Ohr drangen, schreckte Saburoji aus dem Schlaf auf. "Saburoji, Saburoji", wisperte ein Stimmchen. "Wer ist da?!" "Ich bin es, Saburoji." Verschlafen blickte Saburoji in die Richtung, aus der er das Stimmchen gehört hatte - und traute seinen Augen nicht. Neben Ohanas Bett saß ganz ordentlich Ohanas Holzpüppchen und schaute Saburoji an.


Ordentlich sitzen

"Chanto suwatte" (richtig sitzen). Wird das gesagt, weiß man in Japan sofort, wie man sitzen soll. Nämlich im Seiza-Sitz (sprich "ßesa"). Seiza geht so: Man kniet sich hin, streckt die Fußrücken platt auf den Boden und setzt sich auf die Fersen. Rücken gerade, Hände auf die Oberschenkel legen, sitzen bleiben. Wenn man das nicht gewohnt ist, wird das nach einer Weile ganz schön unbequem. Selbst die meisten Japaner machen das heute nicht mehr gern, aber früher war Seiza üblich. Denn nicht nur gab es damals in Japan keine Betten, sondern auch keine Stühle. Gegessen wurde an flachen Tischen auf dem Tatami-Boden sitzend - natürlich im Seiza!

"Hast du mich gerufen?" "Ja, ich war das. Saburoji, bau mir bitte ein Floß." "Ein Floß?" "Ja, ein Floß. Morgen früh legst du mich dann auf das Floß und lässt mich damit im Fluss davontreiben. Ich bitte dich darum!" Mit diesen Worten schlüpfte das Holzmännlein geschwind in die Brusttasche von Ohanas Schlafanzug.


Saburoji baute aus umherliegendem Feuerholz ein kleines Floß. Als der Morgen dämmerte, hörte er wieder das Stimmchen: "Saburoji, Saburoji, hast du das Floß fertig?", fragte das Holzmännchen, während es aus Ohanas Bett herauskroch. "Ja, es ist fertig." "Gut, dann lege mich auf das Floß", drängte das Holzmännlein.


Doch als Saburoji das Holzmännlein anfasste, schreckte er zurück. Denn das Holzmännlein war heiß wie loderndes Feuer. Schnell sah Saburoji nach Ohana, doch sie schlief ruhig und friedlich. Dabei war ihr Gesicht doch vorhin noch knallrot und ihr Atem rasselnd gewesen.


"Saburoji, lass mich mit dem Floß davon schwimmen, beeil dich." Und Saburoji legte das Holzmännlein rasch auf das Floß und ging damit aus dem Haus. Neben dem Hauseingang stand ein Pfirsichbaum, dessen zartrosa Knospen kurz vor der Blüte standen. Saburoji brach einen dünnen Zweig ab und legte ihn auf das Holzmännlein. Dann ließ er das Floß sanft in den Fluss gleiten. Das Wasser glitzerte im Sonnenaufgang und trug das Floß mit sich fort.


"Das Holzmännlein hat Ohanas Fieber geheilt", dachte Saburoji und legte seine Hände wie im Gebet zusammen. "Saburoji!", rief da eine helle Mädchenstimme. Als er sich umdrehte, stand Ohana vor ihm und strahlte. "Ohana!", rief Saburoji überglücklich, "du bist gesund!" Saburoji nahm seine Schwester in die Arme. Dann erzählte er ihr, dass das Holzmännlein sie von ihrer Krankheit befreit habe. Auch Ohana legte die kleinen Hände andächtig zusammen und verbeugte sich Richtung Fluss. Gemeinsam sahen beide zu, wie das Floß in der Ferne verschwand.


Die Leute im Dorf hörten die Geschichte von Ohanas Heilung, und seither banden sie neugeborenen Mädchen zur Geburt ein Holzmännlein. Wurde ein Mädchen krank, streichelte man es mit seinem Holzmännlein und ließ anschließend das Männlein im Fluss davonschwimmen. Irgendwann wurden die Männlein nicht mehr weggeworfen, sondern immer prächtiger gestaltet und zur Dekoration genutzt. Und so, sagt man, ist das Fest Hinamatsuri entstanden.

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