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  • carmenappenzeller

Setsubun - Wir vertreiben den Winter!

Heute erzählen wir von einer japanischen Tradition, die den Übergang vom Winter zum Frühling markiert: Setsubun.



Was macht man zu Setsubun?

Immer um den 3. Februar wird in Japan Setsubun gefeiert. Dann verkleidet sich ein Familienmitglied mit einer Maske als Dämon ("Oni") und die übrigen bewerfen diesen Dämon mit getrockneten Bohnen, um so sinnbildlich die bösen Geister der Vergangenheit zu vertreiben und den Frühling hereinzubitten. Dabei ruft man "Dämon raus, Glück herein!" Anschließend sammeln die sparsamen Japaner die Bohnen wieder ein (falls das nicht zu unhygienisch erscheint) und essen sie auf - und zwar jeder eine Bohne pro Lebensjahr plus eine zusätzlich für Glück in diesem Jahr.


Setsubun. Wir werfen Bohnen auf ein Oni und treiben so den Winter aus!
2021 im Urlaub

Im Supermarkt kann man das komplette Setsubun-Set (Maske, Bohnen, Holzkästchen für Bohnen) kaufen, außerdem das traditionelle Setsubun-Essen Ehomaki. Ehomaki ist eine Sushi-Rolle, die man ungeschnitten und schweigend aufessen soll - wiederum für Glück im nächsten Jahr. Wir haben es dieses Jahr leider weder ungeschnitten noch schweigend geschafft 😲


Warum feiert man Setsubun?

Das Wort "Setsubun" (節分) bedeutet so viel wie "Trennung zwischen den Jahreszeiten", und zwar zwischen Winter und Frühling. Die Jahreszeiten spielen in der traditionellen japanischen Kultur eine große Rolle, werden zum Beispiel in der Kunst häufig dargestellt. Noch heute pilgern Japaner zu Sehenswürdigkeiten, die zu bestimmten Zeiten im Jahr als ganz besonders sehenswert gelten (Stichwort: Kirschblüte in Kyoto). Der Übergang vom kalten, unwirtlichen Winter zum blühenden Frühjahr spielt dabei überall auf der Welt (jedenfalls dort, wo man kalte Winter kennt) eine besondere Rolle. Wohl nicht zufällig ist unsere persönliche Setsubun-Tradition die alljährliche Familien-Erkältung 😷


Mich erinnert Setsubun an die badische Fasnet. Die ist zwar eigentlich christlichen Ursprungs (Einläuten der Fastenzeit vor Ostern), wird aber oft als ein heidnischer Brauch dargestellt, den Winter zu vertreiben und den Frühling zu begrüßen. Und tatsächlich sind die Hexen- und Ungeheuerverkleidungen in Südwest-Deutschland und der Schweiz ganz schön Angst einflößend. Und ähneln sogar visuell den japanischen Setsubun-Onis!


Ganz schön gruselig!

Gibt's auch Setsubun-Geschichten?

Klar! Es gibt sogar viele verschiedene Geschichten von Onis, Bohnen und dem Glück. Emma hat dieses Jahr folgende aus dem Kindergarten mitgebracht:


Es waren einmal eine Mutter und ihre Tochter Fuku, die lebten in einem Dorf in Japan am Fuße hoher Berge. Die Mutter hatte Bohnen im Garten ausgesät, doch sie wuchsen nicht. Denn es hatte schon seit langer Zeit nicht mehr geregnet. "Oh, ich gäbe alles dafür, wenn es endlich regnete!", so rief die verzweifelte Mutter eines Tages. Da erschien plötzlich ein Oni vor ihrer Haustür. "Ich höre, du wünschst dir Regen? Was gibst du mir dafür, wenn ich es regnen lasse?", fragte der Oni. "Ich gebe dir wirklich alles, was du willst!", wiederholte die Mutter. "Gut", sprach der Oni zufrieden, "dann wird es morgen regnen und dafür - bekomme ich die kleine Fuku!" Und mit diesen Worten drehte er sich um und kehrte in den Wald zurück.

Was ist denn "Fuku" für ein seltsamer Name?

"Fuku" bedeutet auf Japanisch "Glück". Wenn man zu Setsubun Bohnen nach dem Oni wirft, ruft man dabei "Oni wa soto, Fuku wa uchi". Das bedeutet "Dämon (Oni) raus, Glück (Fuku) herein!" Du wirst sehen: diese Geschichte passt gut zu dem Spruch.

Was ist ein Oni?

Wie versprochen regnete es den ganzen nächsten Tag und die Bohnen im Garten der Mutter begannen zu sprießen. Doch die Mutter konnte sich darüber nicht freuen. Fuku merkte, dass ihre Mutter Sorgen hatte, doch die Mutter wollte nicht mit ihr darüber sprechen. Gegen Abend klopfte es an der Tür. Die Mutter zitterte so sehr, dass sie kaum die Klinke drücken konnte. Doch die Tür öffnete sich wie von selbst, und draußen stand der Oni. Stolz grinste er: "Ich habe Wort gehalten und es echt regnen lassen! Nun halte du Wort und gib mir Fuku!" Und soviel die Mutter auch klagte und flehte, der Oni blieb dabei: "Versprochen ist versprochen und wird nicht gebrochen! Ich nehme Fuku mit." Die Mutter hatte Angst vor dem Oni, denn er sah fürchterlich grimmig und sehr stark aus. Außerdem konnte er sicher zaubern, denn er hatte es schließlich regnen lassen. So blieb ihr nichts anderes übrig, als Fuku mit dem Oni mitgehen zu lassen. Zum Abschied drückte sie ihr ein Säcklein in die Hand und flüsterte Fuku ins Ohr: "Geh mit dem Oni mit, aber vergiss dein Zuhause nie. Wenn du zu mir zurück willst, dann folge den goldenen Blüten!" Mehr konnte sie nicht sagen, denn der Oni packte die weinende Fuku und schleppte sie mit sich in den Wald davon.


Der Oni war zwar zu den meisten grob und unfreundlich, doch Fuku behandelte er gut. Er fand das kleine Mädchen niedlich und freute sich, dass er nicht mehr allein im Wald leben musste. Doch Fuku gefiel es nicht beim Oni. Sie hatte Heimweh und sehnte sich Tag und Nacht nach ihrer Mutter. Sie dachte oft daran, was die Mutter ihr zum Abschied gesagt hatte: Folge den goldenen Blüten. Doch Fuku sah nirgends goldene Blüten. Sie wusste auch nicht, was sie mit dem Säcklein tun sollte, das ihre Mutter ihr mitgegeben hatte. Als sie beim Oni angekommen war, hatte sie es sich genau angeschaut. Doch es war ein ganz gewöhnliches, leeres Säcklein. Und so verging ein Tag nach dem anderen und Fuku wurde im trauriger.


Fukus Mutter war auch traurig, doch sie hatte Hoffnung. Denn sie wusste, was in dem Säcklein gewesen war: Samen für Goldbohnen. Sie hatte ein winziges Löchlein in das Säcklein gestochen, sodass Fuku auf dem Weg die Samen verlor. Die Mutter wusste: Wenn es das nächste Mal regnete, dann würden die Samen sprießen. Zuerst würden Bohnenranken daraus wachsen und dann goldene Blüten aufgehen. So würde ihre pfiffige Fuku den Weg nach Hause schon finden. Und tatsächlich: Nachdem sie zwei Wochen beim Oni gewohnt hatte, wachte Fuku eines Tages auf und erlebte eine wundervolle Überraschung: Von der Höhle des Oni führten goldene Blüten in den Wald hinein, wie ein schimmernder Pfad. Fuku rannte los und folgte dem Pfad durch den Wald bis zum Haus ihrer Mutter.


Der Oni hatte natürlich bemerkt, dass Fuku in den Wald gelaufen war und er rannte hinter ihr her. "Komm zurück!", schrie er so laut, dass die Bäum wackelten. "Mutter, mach die Tür auf!", rief Fuku, als sie ihr Zuhause schon sehen konnte. Die Mutter verstand sofort, was los war. Sie riss die Tür auf, Fuku stürmte hinein und die Mutter knallte die Tür wieder zu. Sie konnte sie gerade noch verriegeln, bevor der Oni dagegen donnerte. "Gib mir Fuku zurück!", brüllte der wütende Oni vor der Tür. "Oh bitte, lass mir mein Kind. Siehst du nicht, dass sie unglücklich ist, wenn sie nicht hier sein darf?" Der Oni grübelte. Er hatte zwar bemerkt, dass Fuku Heimweh gehabt hatte. Aber er wollte auch nicht wieder ganz allein sein. Da hatte er eine Idee: "Fuku kann bei dir bleiben, wenn ihr versprecht, dass sie mich bald besuchen kommt!" - "Danke lieber Oni!", rief die Mutter. Doch Fuku schüttelte den Kopf. Sie wollte niemals zum Oni zurück, auch nicht zu Besuch.


Nun hatte die schlaue Mutter eine Idee. Sie warf dem Oni Bohnen entgegen und rief ihm zu: "Damit wir nicht vergessen, wann Fuku dich besuchen soll, gebe ich dir diese Bohnen mit. Säe sie aus, und wenn sie blühen, dann komme her und hole Fuku ab." Diesen Vorschlag fand der Oni fair. Er nahm die Bohnen mit und säte sie aus. Doch obwohl er sie jeden Tag goss, sprossen sie nicht, es wuchsen keine Ranken und es erschienen auch keine Blüten. Der Oni goss und wartete und goss und wartete. Und so wartet er wohl bis heute, denn die schlaue Mutter hat ihm alte Bohnen mitgegeben, aus denen keine neuen Pflanzen wachsen können.

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