In Japan hat am 1.1.2024 das Jahr des Drachen begonnen. Insgesamt gibt es 12 verschiedene Tierzeichen, die sich reihum abwechseln und dem chinesischen Tierkreis entsprechen (十二支 Juunishi - 12 Tiere). Ähnlich wie bei uns Sternzeichen werden in einem bestimmten Jahr Geborenen gewisse Charaktereigenschaften nachgesagt. Das Jahr des Drachen gilt als glückbringend. Umso größer war die Ernüchterung in Japan über den geradezu katastrophalen Start in das Jahr 2024: Gleich am 1.1. ein schweres Erdbeben, gefolgt von einem Flugzeugunglück!
Oshougatsu: Das wichtigste Fest im Jahr
Das Neujahrsfest (お正月 oshougatsu) ist traditionell das wichtigste Fest des Jahres in Japan. Es dauert vom 1. bis 3. Januar (Silvester wird nicht gefeiert) und läuft ähnlich ab wie bei uns Weihnachten: Man besucht die erweiterte Familie, isst und trinkt (zu) viel, betet am Schrein und die Kinder sahnen Otoshidama (お年玉) ab - Umschläge mit Geld von den Verwandten als Neujahrsgeschenk.
Es gibt traditionelle Dekoration, Speisen und vielfältige Bräuche, die grob gesagt alle Glück, Gesundheit und ein langes Leben bringen sollen. Und 2024 dreht sich das alles natürlich um den Drachen!
Die 12 Tierkreiszeichen und ihre Bedeutung
Jedem neuen Jahr ist eines der 12 Tierkreiszeichen zugeordnet. Die Reihenfolge ist festgelegt, sodass sich jedes Zeichen nur alle 12 Jahre wiederholt. Emma ist im Jahr des Hundes geboren (2018), das nächste Hundejahr ist also 2030, wenn sie 12 Jahre alt wird, das übernächste 2042! Ich bin ein Tigerkind und habe das Tigerjahr schon dreimal erlebt - jetzt könnt ihr euch mein Alter ausrechnen 😀
Hier die Reihenfolge der Tierkreiszeichen:
Maus/Ratte (2020, 2008, 1996, 1984, 1972, 1960, 1948)
Kuh/Ochse (2021, 2009, 1997, 1985, 1973, 1961, 1949)
Tiger (2022, 2010, 1998, 1986, 1974, 1962, 1950)
Hase (2023, 2011, 1999, 1987, 1975, 1963, 1951)
Drache (2024, 2012, 2000, 1988, 1976, 1964, 1952)
Schlange (2025, 2013, 2001, 1989, 1977, 1965, 1953)
Pferd (2026, 2014, 2002, 1990, 1978, 1966, 1954)
Ziege (2027, 2015, 2003, 1991, 1979, 1967, 1955)
Affe (2028, 2016, 2004, 1992, 1980, 1968, 1956)
Hahn (2029, 2017, 2005, 1993, 1981, 1969, 1957)
Hund (2030, 2018, 2006, 1994, 1982, 1970, 1958)
Schwein (2031, 2019, 2007, 1983, 1971, 1959)
Warum ist die Reihenfolge der Tierzeichen so und nicht anders? Dazu gibt es eine Legende, die in verschiedenen Abwandlungen erzählt wird. Wir nehmen die aus Emmas Japanischunterlagen von Kumon, mit denen sie Lesen geübt hat.
Was ist eine Legende?
Eine Legende ist eine Geschichte, die seit langer Zeit erzählt wird. Oft haben Legenden einen wahren Kern. Das heißt, die Geschichte ist so ähnlich tatsächlich einmal passiert. Weil sie aber so viele Male weitererzählt wurde, ist die Erzählung oft sehr anders als die wahre Begebenheit. Meistens wird die Geschichte mit der Zeit immer fantasievoller und oft gibt es auch verschiedene Fassungen, je nachdem, wer die Geschichte erzählt.
Die Geschichte vom Wettrennen der Tiere
Eines Tages sprach ein japanischer Gott (Kamisama - 神様) zu den Tieren: "Am ersten Tag des Neuen Jahres wollen wir uns treffen und gemeinsam den Neujahrsgruß sprechen. Die 12 Tiere, die als erstes durch die Pforte zum Schrein kommen, erhalten eine Belohnung." Das wollte sich natürlich kein Tier entgehen lassen!
Götter im Shintoismus
In Japan sind zwei Religionen verbreitet: der Buddhismus (wie z.B. in Indien) und der Shintoismus, der eine japanische Naturreligion ist. Im Shintoismus gibt es unendlich viele Götter, jeder ist für etwas anderes zuständig, z.B. Naturphänomene wie Sonne, Mond, Regen und so weiter. Welcher Gott die Tiere eingeladen hat, wissen wir nicht. Was meint ihr?
Die Katze hatte schlechte Ohren und fragte deshalb ihre Freundin die Maus: "Sag' mal, wann sollen wir zum Neujahrsgruß kommen?" Die Maus dachte nicht lange nach und antwortete: "Komm' am 2. Januar!" Die Katze schnurrte zufrieden: "Das ist gut, dann kann ich mich vorher noch ausruhen", und machte es sich gemütlich. Die Maus jedoch huschte davon. Sie hatte die Katze belogen, um vor ihr bei Kamisama anzukommen.
Unterdessen hatte auch die Kuh sich Gedanken über die Anreise gemacht. Ich bin so langsam, dass ich besser schon am Abend vorher aufbreche, dachte sich die Kuh und trottete los. Die schlaue Maus sah dies und huschte flink und unbemerkt auf den Rücken der Kuh. So trug die Kuh, ohne es zu wissen, die Maus bis zur Pforte des Kamisama. Dort angekommen, pochte die Kuh früh am Morgen des 1. Januar mit ihren Hörnern gegen das Tor. Als sich das Tor öffnete, sprang die Maus vom Kopf der Kuh in den Hof des Tempels und stand so als erstes Tier vor dem Kamisama. "Willkommen, liebe Maus!", begrüßte er sie. "Du bist als Erste erschienen, darum sollst du das Schutztier dieses neuen Jahres werden. Nächstes Jahr ist die Kuh an der Reihe, weil sie als Zweite angekommen ist." "MUH", machte die Kuh. Was sollte sie auch sonst sagen, nachdem die Maus sie so ausgetrickst hatte?
Als nächstes erschien der Tiger, dicht gefolgt vom Hasen und dem Drachen. Danach trafen die Schlange und das Pferd ein und sodann die Ziege, der Affe und der Hahn. Als letztes trottete das Schwein durch's Tor. Damit waren 12 Tiere erschienen.
Und was war mit der Katze? Die trat erst am nächsten Tag vor den Schrein, als alle 12 Tierkreiszeichen bereits vergeben waren. Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben! Die Katze jedenfalls war ab diesem Tag nie mehr gut auf die Maus zu sprechen. Ist das wohl der Grund, warum Katzen Mäuse jagen?
Abwandlung: Wie erklärt sich die genaue Reihenfolge der Tiere?
In der chinesischen Version der Geschichte müssen alle Tiere einen Fluss überqueren. Die Reihenfolge ihrer Ankunft wird so erklärt:
Die Maus und die Katze können beide nicht gut schwimmen. Sie überreden die starke, gutmütige Kuh, sie auf dem Rücken über den Fluss zu tragen. Kurz vor dem Ufer stößt die Maus die Katze ins Wasser und springt selbst als Erste ans Ufer, während die Kuh als Zweite folgt und die Katze ertrinkt.
Wie gelingt es wohl der Maus und der Katze, die Kuh zu überreden?
Was meint ihr? Der Legende nach singen die beiden der Kuh etwas vor, damit der Weg nicht so langweilig ist!
Der Tiger ist zwar stärker als die Kuh, sein Fell hat sich aber mit Wasser vollgesogen und er wurde von der Strömung abgetrieben. Deshalb kommt er erst als Dritter ins Ziel.
Obwohl der Hase nicht schwimmen kann, hat er den Fluss schnell überquert, weil er von Stein zu Stein auf die andere Seite gehüpft ist. Auf halbem Wege wäre er beinahe ins Wasser gefallen, konnte sich aber gerade noch an einem Baumstamm festklammern und kam so als Vierter ans rettende Ufer.
Kamisama fragte sich, warum der fliegende Drache erst nach dem Hasen eintrifft? Doch der Drache erklärte ihm, dass er unterwegs einem Dorf noch Regen bringen musste. Als er anschließend über den Fluss flog, sah er den Hasen auf dem Baumstamm und machte einen Umweg, um ihn ans Ufer zu pusten. Kamisama staunte über die Güte des Drachen, der darum erst als Fünfter ankam.
Die Schlange hatte sich am Huf des Pferdes versteckt und sich so unbemerkt tragen lassen. Als das Pferd sie kurz vor dem Ziel entdeckte, erschrak es sich. Die Schlange sprang von dem Huf und kam deshalb kurz vor dem Pferd an.
In einer anderen Version schafft es die Schlange mit einer List auf Platz 6:
Kamisama ist von der Güte des Drachen so beeindruckt, dass er dem Sohn des Drachen den sechsten Platz anbietet. Allerdings hat der Drache seinen Sohn heute nicht mitgebracht. die listige Schlange behauptet, der Drache sei ihr Stiefvater, und so erhält die Schlange den sechsten Platz.
Ziege, Affe und Hahn hatten sich gegenseitig geholfen, ein Floß zu finden und über den Fluss zu paddeln. Das gefiel dem Kamisama sehr.
Ganz zum Schluss trabt das Schwein vor den Schrein. Es hat unterwegs ein Nickerchen gehalten und ein Picknick gemacht, deshalb trifft es erst als Zwölftes ein.